26.04.2013

Ein neuer Mensch werden?

Ich bin ein anderer Mensch als damals. Komisch das zu sagen ,oder? Ich bin ja immer noch ich . Ich bin immer " Ich " gewesen und trotzdem kann ich meine früheren Taten und Gedanken nicht mehr ganz verstehen . Ich sehe Leute , Mädchen , die so sind wie ich war . Sie essen kaum oder betteln um die Liebe eines Jungen , der sie mehr als nur einmal abgewiesen und verletzt hat . Sie sind gefangen in einer Spirale aus Unzufriedenheit, Verzweiflung und Selbstmitleid und hoffen im Geheimen , dass das aufhört sobald sie ihre Ziele erreicht haben . Sie haben ihr Glück anderen Leuten in die Hand gegeben . Der Prinz der einen mit seinem Kuss vom Fluch des Unglücks erlöst und einen in sein Reich führt , wo alles strahlt und die Menschen freundlich sind. Und wenn ich diese Mädchen anschaue , dann habe ich Mitleid .
Ich habe Mitleid mit dem abgemagertem Mädchen ,das mir im Englischkurs gegenüber sitzt und dabei weiß ich genau ,dass sie mich genauso bemitleidet , weil ich in den letzten Monaten 7kg zugenommen habe . Ich bin zwar immer noch nicht fett , habe immer noch Normalgewicht ,aber ich bin nicht mehr wie ich war . Und Mitleid ist so eine Sache . Man bemitleidet jemandem , wenn man sich überlegen fühlt oder denkt dass man besser dran ist -trotzdem ist Mitleid an sich nichts böses. Das dünne Mädchen bemitleidet mich ,weil sie mich für schwach hält . Weil sie heute noch nichts gegessen hat und eher sterben würde als zuzunehmen wie ich . Ich dagegen bemitleide das dünne Mädchen , weil ich weiß , dass sie ihre Tage zu oft weinend alleine zu Hause verbringt und versucht sich von all ihren Problemen abzulenken.  Sie denkt sie sei besser dran als ich und ich denke umgekehrt das selbe.
Wer von uns letzendlich wirklich besser dran ist , kann ich auch nicht so ganz sagen . ich weiß nur ,dass ich schon beides war . Ich war bereits das abgemagerte Mädchen , dass die Dickeren bemitleidet hat und jeden Tag am Weinen war , jetzt bin ich die andere. Ich bin glücklich , ich habe viele Probleme überwunden . Den Preis zahle ich in Kilogramm , die ich bekomme statt zu verlieren .
Und eins muss ich ehrlich sagen : Der Kampf mit der Essstörung ist noch nicht vorbei. Ich merke es an schlechteren Tagen , ich merke es , wenn mir ein altes Kleidungsstück zu eng wird und ich weinen könnte deswegen . Ich merke es , wenn ich doch den Schokokeks gegessen habe und das panierte , tiefgefrorene Hähnchen obwohl beides nicht zu der gesunden Lebensart gehört , die ich anstrebe. Oder manchmal , wenn ich grundlos gereizt bin oder mich unvollkommen fühle . Wenn ich keine Lust mehr habe und mich einfach betrinken und damit Ablenken will von allem ,das nicht ist wie ich es will.
Vielleicht bin ich im Endeffekt doch kein ganz anderer Mensch . Mein altes Ich ist noch in mir drin und schaut immer mal vorbei um sicherzugehen , dass ich das nicht vergesse . Ich habe es geschafft viel zu überkommen und mich weiterzuentwickeln , aber meine Vergangenheit ist ein Teil von mir und zumindest manches scheine ich nicht ganz Ablegen zu können .
Meine härteste Aufgabe ist es anscheinend den richtigen Mittelweg zu finden in dem ich glücklich sein kann , aber auch gesund und dünn . Denn das dünn sein ist etwas von dem ich mich nicht endgültig trennen will .
Das soll nicht bedeuten ,dass ich jetzt zur nächsten Diät greife , sicherlich nicht . Es heißt nur ,dass ich etwas Ändern muss . Meine Zufriedenheit hängt nicht mehr nur an meinem Gewicht , aber eine gute Figur ist was ich will. Mich mögen werde ich aber nicht erst dann (;